Jesus und die Dämonen

Bibel, Jesus Christus

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Immer schon werden Kranke als Sünder betrachtet. Krankheit gilt als Fluch der bösen Tat. Diese Ansicht ist in allen Religionen der Antike lebendig. Bei den Griechen und Römern ist Hekate, die Mutter aller Hexen, für alle möglichen Arten von Krankheiten verantwortlich. Stets ist sie von Geisterwesen umgeben. Diese lauern den Sündern, um ihnen zu schaden, an Wegkreuzungen und hinter Türen, in Vollmondnächten und bei Gräbern auf.
Der Glaube an Dämonen, die mit Krankheit strafen, ist auch im Judentum verbreitet.
Mit diesen Vorstellungen wird Jesus konfrontiert.

Wie verhält sich Jesus gegenüber den Dämonen?

Zum Vergleich sollen zwei Berichte über Dämonenaustreibungen herangezogen werden. Der eine stammt von dem jüdischen Geschichtsschreiber Flavius Josephus, der andere ist an zwei Stellen in der Bibel überliefert.

Flavius Josephus: Jüdische Altertümer 8,2,5

Ich habe zum Beispiel gesehen, wie einer der Unseren, Eleazar mit Namen, in Gegenwart des Vespasian, seiner Söhne, der Obersten und der übrigen Krieger die von bösen Geistern Besessenen davon befreite. Die Heilung geschah in folgender Weise. Er hielt unter die Nase des Besessenen einen Ring, in dem eine von den Wurzeln eingeschlossen war, welche Salomon angegeben hatte, ließ den Kranken daran riechen und zog so den bösen Geist durch die Nase heraus. Der Besessene fiel sogleich zusammen, und Eleazar beschwor dann den Geist, indem er den Namen Salomons und die von ihm verfassten Sprüche hersagte, nie mehr in den Menschen zurückzukehren. Um aber den Anwesenden zu beweisen, dass er wirklich solche Gewalt besitze, stellte Eleazar nicht weit davon einen mit Wasser gefüllten Becher oder ein Becken auf und befahl dem bösen Geiste, beim Ausfahren aus dem Menschen dieses umzustoßen und so die Zuschauer davon zu überzeugen, dass er den Menschen verlassen habe. Das geschah auch in der Tat, und so wurden Salomons Weisheit und Einsicht kund. Ich habe hierüber sprechen zu müssen geglaubt, damit allgemein bekannt werde, wie gewaltig der Geist des Königs und wie wohlgefällig er Gott war, und damit niemand unter der Sonne des Königs ausgezeichnete Tugend verborgen bleibe.

Markus 5,1–13 (vgl. Lukas 8,2639)

Der Besessene von Gerasa

Und sie kamen ans andere Ufer des Sees in das Gebiet der Gerasener. Und kaum war er aus dem Boot gestiegen, lief ihm sogleich von den Gräbern her einer mit einem unreinen Geist über den Weg. Der hauste in den Grabhöhlen, und niemand mehr vermochte ihn zu fesseln, auch nicht mit einer Kette. Denn oft war er in Fußfesseln und Ketten gelegt worden, doch er hatte die Ketten zerrissen und die Fußfesseln zerrieben, und niemand war stark genug, ihn zu bändigen. Und die ganze Zeit, Tag und Nacht, schrie er in den Grabhöhlen und auf den Bergen herum und schlug sich mit Steinen. Und als er Jesus von weitem sah, lief er auf ihn zu und warf sich vor ihm nieder und schrie mit lauter Stimme: Was habe ich mit dir zu schaffen, Jesus, Sohn des höchsten Gottes? Ich beschwöre dich bei Gott: Quäle mich nicht! Er hatte nämlich zu ihm gesagt: Fahr aus, unreiner Geist, aus dem Menschen! Und er fragte ihn: Wie heißt du? Und er sagt zu ihm: Legion heiße ich, denn wir sind viele. Und sie flehten ihn an, sie nicht aus der Gegend zu vertreiben. Nun weidete dort am Berg eine grosse Schweineherde. Da baten sie ihn: Schick uns in die Schweine, lass uns in sie fahren! Und er erlaubte es ihnen. Da fuhren die unreinen Geister aus und fuhren in die Schweine. Und die Herde stürzte sich den Abhang hinunter in den See, an die zweitausend, und sie ertranken im See.

Beide Texte handeln von Dämonenaustreibungen. Sie sollten daher vergleichbar sein. In Rücksicht auf den Inhalt ergeben sich sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten:

  1. Eleazar heilt den Besessenen mithilfe eines Rings und einer heilkräftigen Wurzel. Von Jesus dagegen wird nicht berichtet, dass er ein magisches Hilfsmittel benutzt.
  2. Bei beiden Texten werden Beschwörungsformeln erwähnt. Eleazar beschwört den Dämon mit einem von Salomons Sprüchen, auch Jesus benutzt eine entsprechende Formel: Fahr aus, unreiner Geist, aus dem Menschen!
    Hintergrundinformation: Das Testamentum Salomonis, eine König Salomon zugeschriebene Quelle aus dem 4. Jahrhundert, enthält eine Vielzahl derartiger bei Exorzismen, d. h. Dämonenaustreibungen gebräuchlichen Formeln. König Salomon, heißt es in dieser Quelle, sei weiser als alle anderen Könige gewesen. Daher habe Gott ihm Macht über alle Dämonen verliehen. Diese seien ihm beim Bau des prachtvollen Tempels behilflich gewesen.

Arbeitsanregung:

  • Führen Sie den Vergleich fort. Wo sehen Sie Unterschiede, wo Gemeinsamkeiten im Hinblick auf den Inhalt, die Form und die Aussage?

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