Im Anfang war das Wort

Jesus Christus

Die Aufgabe Jesu

Die Aufgabe Jesu lässt sich als Sendung durch den Vater umschreiben. Die Sendung durch den Vater ist das Schicksal, dem Jesus folgt. Die Aufgabe wird durch die Begriffe Mittler und Erlöser bezeichnet. Was den ersten Begriff angeht, so ist klar, dass Jesus zwischen Gott und dem schuldig gewordenen Menschen vermittelt. Wobei wichtig ist, herauszustellen, zu welcher Zeit Jesus der Mittler zu dieser Aufgabe gefunden habe: zu seiner (historischen) Zeit, der Zeit des Galiläers? Und wenn es ihm bekannt gewesen sein sollte, was er aus sich hervorbringen würde, war es ihm von Anfang an bekannt? Es ist doch überraschend, dass die Aufgabe Jesu im Johannesevangelium einen Sprung ohnegleichen vollzogen hat. Denn trotz oder wegen der Aufgaben, die Jesus in den synoptischen Evangelien zukommen, wird an den Anfang des Johannesevangeliums der Mythos des fleischgewordenen Wortes gestellt.

Gottfried Benn: Ein Wort (1941)

Ein Wort, ein Satz -: aus Chiffren steigen
erkanntes Leben, jäher Sinn,
die Sonne steht, die Sphären schweigen
und alles ballt sich zu ihm hin.

Ein Wort – ein Glanz, ein Flug, ein Feuer,
ein Flammenwurf, ein Sternenstrich –
und wieder Dunkel, ungeheuer,
im leeren Raum um Welt und Ich.

Das Evangelium nach Johannes: Der Prolog: 1,1-18

1 Im Anfang war das Wort, /
und das Wort war bei Gott, / und das Wort war Gott.
2 Im Anfang war es bei Gott.
3 Alles ist durch das Wort geworden /
und ohne das Wort wurde nichts, was geworden ist.
4 In ihm war das Leben /
und das Leben war das Licht der Menschen.
5 Und das Licht leuchtet in der Finsternis /
und die Finsternis hat es nicht erfasst.
6 Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes.
7 Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen.
8 Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.
9 Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, / kam in die Welt.
10 Er war in der Welt /
und die Welt ist durch ihn geworden, / aber die Welt erkannte ihn nicht.
11 Er kam in sein Eigentum, /
aber die Seinen nahmen ihn nicht auf.
12 Allen aber, die ihn aufnahmen, /
gab er Macht, Kinder Gottes zu werden, / allen, die an seinen Namen glauben,
13 die nicht aus dem Blut, /
nicht aus dem Willen des Fleisches, / nicht aus dem Willen des Mannes, / sondern aus Gott geboren sind.
14 Und das Wort ist Fleisch geworden /
und hat unter uns gewohnt / und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, / die Herrlichkeit des einzigen Sohnes vom Vater, / voll Gnade und Wahrheit.
15 Johannes legte Zeugnis für ihn ab und rief: Dieser war es, über den ich gesagt habe: Er, der nach mir kommt, ist mir voraus, weil er vor mir war.
16 Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen, / Gnade über Gnade.
17 Denn das Gesetz wurde durch Mose gegeben, die Gnade und die Wahrheit kamen durch Jesus Christus.
18 Niemand hat Gott je gesehen. Der Einzige, der Gott ist und am Herzen des Vaters ruht, er hat Kunde gebracht.

Arbeitsanregungen:

  • Lesen Sie sich in das Gedicht von Gottfried Benn hinein. Lassen Sie sich dazu Zeit, alle Details genau wahrzunehmen.
  • Ersetzen Sie das Titel gebende „Wort“ durch die Äquivalente aus der griechischen Philosophie der Antike: lógos vs. mythos – welcher Begriff passt Ihrem Empfinden nach am besten?
  • Lesen Sie nun den Prolog des Johannesevangeliums: Welche Elemente der im Buch Genesis enthaltenen Schöpfungsgeschichten erkennen Sie wieder?
  • Erschließen Sie die Bedeutung des Prologs für die Christologie. Versuchen Sie die dem Gottessohn zugewiesenen Aufgaben zu beschreiben.
  • Arbeiten Sie den gedanklichen Zusammenhang mit dem Film „Jesus von Montreal“ heraus.